Kolumne Episode 3. Vom Super-Hero zur Super-Woman
Warum gibt es immer noch so wenige Gründungen durch Frauen? Muss (man) frau Super-Woman sein, um als Gründerin erfolgreich zu sein? Hier sind vier Ideen in die richtige Richtung.
Nur 16% der Gründer:innen in Deutschland sind weiblich[1]. Das hat sicher viele Ursachen. Aber unterscheidet sich auch die Gründung, je nachdem, ob die Hauptperson weiblich oder männlich ist? “Oh ja”, sagt Franziska Scheuerle[2], Neugründerin des Kunst-Tech-Startups LOREMO Art (www.loremo.de), im Podcast. “Mir fällt auf, dass Frauen viel länger bootstrappen”, also mit eigenem Ersparten arbeiten und damit häufig noch in einem anderen Job tätig sind, bevor sie sich einen Investor suchen, “weil wir so erzogen wurden, dass wir alles alleine schaffen können. Selbst ist die Frau”. Das erzeugt allerdings eine Mehrfachbelastung neben der Familie oder dem Hauptberuf, so dass diese frühe Phase häufig länger dauert als bei männlichen Gründern. Immer noch steckt in vielen Köpfen das Bild des Mannes, der das Geld verdient, und der Frau, die ihm den Rücken freihält und sich um alles andere kümmert. Bedeutet aber, dass Frauen in ihren Möglichkeiten eingeschränkt(er) sind. Es sind diese Rollenbilder, die wir loswerden müssen. “Entschlüpfe dem Schafspelz, sei ein schwarzes Schaf”, sagt auch Philosophin Rebekka Reinhard[3], “und sei Du selbst, nicht mehr (aber auch bloß nicht weniger).”
Dabei sind Gründerinnen durchaus anders als ihre männlichen Kollegen, wie Studien belegen[4]:
- emotional aufmerksam
- kreativ in der Problemfindung
- stark werteorientiert im Denken und handeln
- strategisch-holistisch bei der Bewertung von Situationen
Natürlich gilt das nicht für alle (die Studienlage ist auch nicht eindeutig), aber selbst wenn es nur für einige gilt, was für spannende Firmen können mit und durch solche Gründerinnen entstehen? Es lohnt sich also, Gründerinnen mehr zu unterstützen.
Eine der wesentlichen Faktoren dabei ist die Zeit: solange wir erwarten, das Frauen neben Gründerin auch Kinderbetreuerin, Liebhaberin, Haushaltsmanagerin, Wochenendplanerin und Nebenverdienerin (und manchmal noch mehr) sein sollen, ist die Zeit immer ein knappes Gut und Stressfaktor. „Ich lebe nur nach meinem Kalender, aber anders geht’s nicht. Zeitmanagement ist der Dreh- und Angelpunkt”, stimmt Franziska zu. Immerhin: “Sonntag ist me-time, bei der ich mich nur um mich kümmere.”
Es gibt viele Konstellationen, aus denen Frauen heraus gründen, sei es aus einer Anstellung oder aus dem Studium, sei es mit oder ohne Familie, sei es mit Co-Gründer:innen oder alleine. Deshalb gibt es auch nicht das eine Mittel, Frauen beim Gründen zu unterstützen. Aber viele von uns können helfen:
- die Lebenspartner, indem sie alle Rollenbilder gedanklich verbannen, und beide sich ganz offen fragen, wer welche Dinge in der Partnerschaft wichtig findet und wer sich um was kümmert (und nein, ihr Männer müsst nicht die Super-Heros sein)
- die Investoren, indem sie früher und ganzheitlicher unterstützen, und zwar nicht nur mit Geld, sondern auch bei der Suche nach Mitgründer:innen, mit Coaching und letztlich Achtsamkeit, dass die Rahmenbedingungen fair sind
- die Frauennetzwerke, indem sie sich auch für Männer öffnen und eine gemeinsame Sache daraus machen
- die Politik und Verwaltung, indem sie Beratung anbieten und kombinierte Förderangebote bereitstellen, die modular auf die Bedürfnisse dieser Konstellationen eingehen, statt die Gründerinnen im Antragsdschungel allein zu lassen
Eines, so ist sich Franziska sicher, braucht aber jede erfolgreiche Gründerin aus sich selbst heraus: “Ignoriert die Skeptiker und Neinsager. Umgebt Euch mit Menschen, die an Euch glauben. Und glaubt an Eure Vision, dann werdet Ihr auch wieder aufstehen, wenn ihr stolpert.” In diesem Sinne wünsche ich allen Gründerinnen von Herzen gutes Gelingen.
[1] ifo Institut (2022), “Corona: Rückgang der Gründungen durch Frauen beschleunigt sich…”
[2] Der volle Podcast ist als Episode 3 von “Kultur wandle Dich – Female Leadership” unter kulturwandledich.de und allen großen Podcast-Plattformen abrufbar
[3] “Die Zentrale der Zuständigkeiten – 20 Überlebensstrategien für Frauen zwischen Wollen, Sollen und Müssen”, Ludwig Verlag
[4] Trujano, Welter (2022), “Female Entrepreneurship”, Handbook of Labor, Human Resources and Population Economics. Bowman-Upton, Sexton (1990), “Female and male entrepreneurs: Psychological characteristics and their role in gender-related discrimination”, Journal of Business Venturing