Kolumne Episode 6. Mehr Dual Leadership wagen

“Das beste Team, in dem ich je gearbeitet habe, waren mein Co-Founder und ich”. Diesen Satz höre ich häufig bei den Podcasts zu Female Leadership von #kulturwandledich. Warum ist das so, und was können wir daraus ableiten?

Bei Dual Leadership werden Positionen von zwei Personen wahrgenommen, meistens eine Frau und ein Mann. Aber auch andere Konstellationen sind möglich, solange die beiden eine hinreichend große Diversität aufweisen. Dabei werden die Entscheidungen gemeinsam getroffen, allerdings gibt es pro Themenbereich eine Person, die bei Pattsituationen den Ausschlag gibt. Es ist nichts neues, dass gemischte, diverse Teams kreativer und produktiver als andere sind. Aber gilt das auch für Führungspositionen? Zehrt nicht der Abstimmungsaufwand zwischen den beiden die möglichen Vorteile auf? Und überhaupt – braucht nicht Führung eine klare Entscheidungsverantwortung, frei nach dem Highlander-Prinzip “es kann nur eine:n geben”?

“Es entsteht eine andere Kultur, als wenn da oben der lonely hero sitzt”, sagt Walburga Fröhlich im Podcast. Mitarbeiter:innen haben mehr Möglichkeiten und Herangehensweisen, auf Führungskräfte zuzugehen. Wenn das Führungsduo selbst divers ist, schafft das eine gute Basis für Inklusion aller, “ich habe das als mutiger und innovativer erlebt”, beschreibt Walburga diese Kultur. Es entsteht eine Führungskultur, in der die Meinung vieler zählt, die aber auch mehr Risikobereitschaft und Experimentierfreude zeigt. Deshalb ist sie der Meinung, “dass man ein duales Führungsmodell promoten sollte”. Auch, oder vielleicht gerade dann,  wenn das Führungsduo aus einer Frau und einem Mann besteht. Denn in diesem Fall müssen die beiden nicht nur unterschiedliche Persönlichkeiten unter einen Hut bringen, sondern auch Gender-Klischees reflektieren und daraus entstehende Konflikte auflösen. Das Schöne daran: Ein gender-mixed Führungs-Duo muss dabei gar nicht perfekt sein. Schon das tägliche Bemühen um eine transparente Praxis der Dual-Leadership wird die Gender-Sensibilität und Kompetenz im Umgang mit Diversität im Unternehmen stärken. 

Die Wissenschaft hat dazu spannende Antworten: In Studien wird herausgearbeitet, dass Dual Leadership einen positiven Einfluss auf Innovationskraft hat[2], insbesondere wenn die beiden Führungskräfte komplementäre Fähigkeiten und eine hohe Beziehungsreife aufweisen[3]. Interessanterweise ist die Beziehungsreife zwischen den Beteiligten wichtiger bei etablierten Unternehmen, während die Komplementarität der persönlichen Fähigkeiten hingegen bei Startups entscheidend ist. 

Gut, für Innovationen mag Dual Leadership besser sein, aber was ist mit der Produktivität im normalen operativen Geschäft? Auch hier scheint es positive Effekte zu geben, denn die Dual Leadership führt häufig zu einem eher demokratischen und transformativen Führungsstil, der wiederum zu besserer Produktivität führt.[4]

Die Kraft dualer Führungsmodelle kommt also aus mehr Innovation und einem inklusiveren Führungsstil. Aber können nicht immer noch Unternehmenskultur oder schlicht die Erfahrung der beiden Führungskräfte zu unbewussten Stereotypen (dem berühmten unconscious bias) führen? Das kann schon passieren, “deshalb brauchen wir eine dritte Person”, gibt Walburga zu bedenken, “die uns darauf aufmerksam macht, wenn wir uns in die Sch… denken”. Mir scheint, es ist genug gesagt, jetzt heißt es: mehr Dual Leadership wagen!

[1]  Der volle Podcast ist als Episode 6 von “Kultur wandle Dich – Female Leadership” unter kulturwandledich.de und allen großen Podcast-Plattformen abrufbar

[2] Hunter et al. (2017), “Why dual leaders will drive innovation: …”, Journal of Organizational Behavior.

Zhou et al. (2021), “Research on the Influence Mechanism of Dual Leadership on the Constructive Deviant Behavior of the New Generation of Employees”, Frontiers in Psychology

[3] Fausing et al. (2015), “Antecedents of shared leadership: …”, Leadership & Organization Development Journal. Wu et al. (2018), “A Meta-Analysis of Shared Leadership: Antecedents, Consequences, and Moderators”, Journal of Leadership & Organizational Studies. Empirisch bestätigt durch Bellini et al. (2019), “From shared to dual leadership: …”, Thesis by Politecnico Di Milano

[4] Yousif (2022), “Leadership Styles and Employee Productivity…”, Global Scientific Journals

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