Kolumne Episode 8. Drei gute Gründe, Wasser mehr wertzuschätzen

Wenn man eine Kolumne über Female Leadership schreibt, kommt immer wieder die Frage auf, was das genau ist. Statt einer Definition möchte ich eine Emotion wiedergeben: das Gefühl, Leadership in Aktion zu erleben, von der Energie eines anderen angesteckt zu werden, den Impuls zu verspüren, sofort etwas unternehmen zu wollen. Den hatte ich neulich beim Thema “Wasser” mit Nina Heine.

Wir betreten das Lokal des ansässigen Italieners in Berlin-Adlershof am Teltowkanal. Dort hat Ninas Startup “Shit2Power” ein kleines Büro im Startup-Inkubator der altehrwürdigen Humboldt-Universität. Ich hätte es mir weniger ranzig vorgestellt, “aber das ist Berlin”, sage ich mir. Wir setzen uns an einen der freien Tische und bestellen Getränke. “Einmal Leitungswasser bitte”, sagt Nina klar vernehmlich. “Sie meinen”, fragt der Kellner nach, “Mineralwasser ohne Kohlensäure?” “Nein, einfach nur Leitungswasser.” Der Kellner geht mit sichtbarer Verwunderung von dannen und bringt uns eine Flasche San Pellegrino. Nina beginnt zu erzählen: “So geht es mir fast immer, wenn ich im Restaurant Leitungswasser bestelle. Dabei ist es das best getestete Wasser, das wir in Deutschland haben. Wir müssen nur lernen, es mehr wertzuschätzen”. Ich beginne, Female Leadership in Aktion zu erleben. Wir reden 35 Minuten über Wasser und Abwasser, Sedimentgestein und Reinheit, Wasser-Management und Testverfahren, und ich habe das Gefühl, gerade einmal an der Oberfläche zu kratzen. Wir beschließen, das Thema nochmal aufzunehmen in einem Podcast[1].

So ist dann eine Episode des Podcasts “Kultur wandle Dich!” entstanden, und auch diese Kolumne. Sie ist ein Appell an uns alle, unsere (Selbst-)Führungsqualitäten zu nutzen und eine der wichtigsten Lebensgrundlagen, das Wasser, schlichtweg besser zu behandeln. Aber was ist damit konkret gemeint?

1: Leitungswasser ist das am besten kontrollierte Nahrungsmittel – Trinkt mehr davon

Leitungswasser ist in Deutschland eines der am besten überwachten Wasser. In Deutschland unterliegt das Wasser aus dem Hahn der Trinkwasserverordnung und wird regelmäßig getestet[2]. Mineralwasser hingegen ist als Lebensmittel klassifiziert. Es wird von den Herstellern getestet, die Anforderungen und Richtlinien variieren je nach Land und Region. Mit Blick auf die CO2 Bilanz ist Leitungswasser die eindeutig bessere Wahl, anders als Mineralwasser ist es weder auf Abfüllung in Glas- oder Kunststoff-Flaschen noch auf den Transport angewiesen. Eine Vergleich des Fußabdrucks von Trinkwasser und Mineralwasser fand heraus, das im Vergleich zu Trinkwasser für den “Lebensweg von Mineralwasser die 586-fachen Emissionen anzusetzen sind”[3] Und nicht zuletzt ist das Leitungswasser sehr preiswert. Wer Leitungswasser als Getränk wertschätzt, blickt anders auf den Rohstoff und kann auch die anderen Vorschläge nachvollziehen.

2: Wasser ist nicht im Überfluss vorhanden – Stoppt die Verschwendung

„Wasser kommt aus dem Hahn und ist im Überfluss vorhanden“ – dieses Vorurteil ist immer noch weit verbreitet. So verwundert es auch nicht, dass wir damit eher verschwenderisch umgehen, beim Gartenwässern, Autowaschen, Duschen oder Geschirrspülen. In Deutschland nutzen wir täglich im Durchschnitt 130 Liter, nur knapp vier davon trinken wir[4]. Aber Wasser ist eben nicht im Überfluss vorhanden, im Gegenteil: Nur knapp 3% unseres Wasser ist Süßwasser und der größte Teil hiervon ist gebunden in Eis, Schnee oder Permafrostböden und nicht zugänglich[5]. Der Rest ist ungleichmäßig verteilt. Deshalb gibt es bei Wasser ein Verteilungsproblem. Klimabedingte Starkregen- und Dürreperioden verstärken dieses Problem. Der Wasserkreislauf wird vor allem durch klimatische Faktoren wie Temperatur, Wind und Sonneneinstrahlung gesteuert und vom Menschen beeinflusst. So wird Wasser immer stärker zu einer knappen Ressource[6]. Man stelle sich vor, die oben genannten Tätigkeiten wie Autowaschen mit Mineralwasser durchzuführen – wer würde da nicht viel sparsamer damit umgehen? Daher der Tipp: Verwende Wasser so, als wäre es Mineralwasser.

3: Gifte bedrohen unser Wasser – Unterstützt die Kreislaufwirtschaft

Pflanzen brauchen zum Wachstum Kalium, Stickstoff und Phosphor. Die Landwirtschaft braucht diese Düngemittel, um Pflanzenwachstum zu sichern und unsere Nahrungsmittelgrundlage zu sichern. Bei Überdüngung können diese Düngemittel allerdings nicht mehr von den Pflanzen aufgenommen werden, sickern über das Regenwasser in den Boden ab und können so ins Grundwasser gelangen. Insbesondere in Regionen mit hohem Gülleaufkommen kommt es häufiger durch Überdüngung zu erhöhten Nitratwerten im Grundwasser, die die Nutzung als Trinkwasser einschränken. 

Gesunde Böden sind der Grundstein der gesunden Ernährung und sauberen Trinkwassers. Es hilft, regionale, biologische Landwirtschaft zu unterstützen, wo es nur möglich ist. Und wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, schaut sich Konzepte der regenerativen Landwirtschaft und Agroforstwirtschaft an, die mit einem frischen Blick das System von Wachstum und Ernte als Kreislauf bewirtschaften und zurückkehren zu nachhaltigen Bewirtschaftungsformen. 

Und was hat das alles mit Leadership zu tun? Abgesehen davon, dass wir uns zu einer neuen Haltung in puncto Wasser führen sollten. Führung kann hier auch stellvertretend für eine der wichtigsten „Ressourcen“ von Organisationen betrachtet werden: Mitarbeiter:innen. Häufig haben auch sie versteckte Qualitäten, die Führungskräfte nicht kennen und dann auch nicht sinnvoll einsetzen oder wertschätzen können. Ich bin früher mit meinen Teams gerne mal in den Wald gegangen, um Pilze zu suchen. Was dabei auffällt ist, dass kaum jemand die Pilze wahrnimmt, bis man sich bewusst macht, dass es sie gibt und welchen Wert sie für uns haben. Diese Achtsamkeit für die verborgenen Schätze des Waldes, des Wassers, oder eben auch der Kolleg:innen zu schärfen, ist eine wichtige Aufgabe für Führungskräfte. 

So hat auch Wasser etwas mit Führung zu tun – in dem Sinne auch der etwas blumige Appell zu verstehen: Macht Euch einander vertraut und findet verborgene Schätze.

Zurück beim Italiener in Adlershof. Wir haben wir unser Leitungswasser noch bekommen. Und der Kellner hat auch verstanden, warum wir es bestellt haben.


[1] Der volle Podcast ist als Episode 8 von “Kultur wandle Dich – Female Leadership” unter kulturwandledich.de und allen großen Podcast-Plattformen abrufbar

[2] Umweltbundesamt

[3] Quelle: https://atiptap.org/files/studie_gutcert_pcf_wasser.pdf

[4] Wassernutzung privater Haushalte | Umweltbundesamt

[5] Putting All the World’s Water into a Big Cube — Wait But Why

[6] Wasser als Ressource | Umweltbundesamt

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